Zu einem Zukunftskongress trafen sich jetzt zwei Dutzend Wissenschaftler aus sieben Ländern in Wolfenbüttel. Die Firma geneXplain hatte all jene Partner zu diesem zweitägigen Symposium in das Seminarhotel Rilano eingeladen, die seit knapp drei Jahren an dem von der Europäischen Union geförderten Projekt mitarbeiten.
„Wir arbeiten an einem völlig neuen Verfahren“, erläuterte im Pressegespräch Dr. Alexander Kel, Mitgründer und Projektleiter bei geneXplain in Wolfenbüttel. Hinter dem Begriff Optogenerapy (ein Kunstwort aus Optogenetik und Therapie) verbirgt sich die Erkenntnis, dass sich aus Zellen durch Lichteinflüsse gewisse Gene einschalten lassen. Die Forscher wollen nun ermitteln, inwieweit dieser Effekt in der Parkinson- oder Epilepsie-Therapie genutzt werden kann oder zur Bekämpfung der Multiplen Sklerose.
Das Projekt läuft bis Januar 2020, und alle halbe Jahre treffen sich die Partner zu einem Austausch. Bei ihrer nunmehr vorletzten Zusammenkunft in Wolfenbüttel (der ersten überhaupt in Deutschland) ging es um die Abstimmung des aktuellen Sachstands. „Solche persönlichen Treffen sind enorm wichtig – trotz der vielen Möglichkeiten digitaler Kommunikation über große Distanz“, sagte die Spanierin Dr. Biotza Gutierrez (EURECAT). Es sei viel effizienter, alle an einem Tisch zu haben. „Wir müssen unseren jeweiligen Sachstand vortragen und bisweilen auch wieder auf den Boden zurückfinden, damit wir nicht ins Blaue hinein forschen.“
Die Diskussion in Wolfenbüttel brachte einen wichtigen Schritt hin zur Marktfähigkeit, erklärte der Schweizer Dr. Marc Folcher (ETHZ). „Wir haben nun die Laborphase abgeschlossen und sind mit den Prototypen unserer Implantate soweit, dass sie in Tierversuchen erprobt werden können.“ In den nächsten Monaten sollen in Frankreich und Holland Mäusen diese innovativen Implantate eingepflanzt werden.
„Die Prototypen enthalten winzige Beutel lebender Zellen, die biotechnologisch verändert wurden“, erläutert Professor Dr. Edgar Wingender, einer der beiden Gründer von geneXplain. Unter Lichteinfluss schütten diese Zellen Interferron-Beta in die Blutbahn des Wirtes aus. „Wenn sich dieses Verfahren als gangbar erweist, wäre das revolutionär.“
Denn einerseits entlastet das Implantat den Patienten von einer dauerhaften Medikamenten-Einnahme. Andererseits ist es skalierbar auf andere Stoffe – würde also einer unüberschaubaren Menge kranker Menschen helfen, das tägliche Leben leichter zu meistern. „Allerdings warten auf dem Weg dahin noch viele Unwägbarkeiten auf die Forscher.“
Immerhin habe die Europäische Union mit ihrer Förderzusage den Ansatz für forschenswert befunden. Seit 2014 liefen Vorarbeiten für das auf drei Jahre angelegte Projekt, in dem Firmen und öffentliche Einrichtungen an einem Strang ziehen. Das nächste Treffen findet im Oktober in Barcelona/Spanien statt.
Bei einem Stadtrundgang durch Wolfenbüttel waren die Teilnehmer sehr überrascht von den Reizen der kleinen Stadt. „Geschichte und Architektur – sie fanden alles authentisch und interessant“, berichtete Kamilya Altynbekova (geneXplain) von dem Rundgang unter Leitung ihres Chefs. Neben dem Symposium und einem „Social Dinner“ seien auch der kulturelle Austausch und das persönliche Kennenlernen ungemein wichtig. „Auch wenn dieses Projekt vorüber ist, werden diese Forscher sich in Europa immer wieder begegnen“, ist sie überzeugt. Dies umso mehr, als der Wolfenbütteler Kongress vom Durchschnittsalter her einer den jüngsten überhaupt gewesen ist, meinte Biotza Gutierrez.